Wer darüber nachdenkt, seinen Nachlass zu regeln, steht zunächst vor der Frage, in welcher Form dies geschehen soll. Das Gesetz sieht die Möglichkeit vor, ein Testament zu errichten oder einen Erbvertrag abzuschließen. Beide Instrumente haben ihre Besonderheiten, Vor- und Nachteile. Wichtig ist, dass die gewählte Form zu Ihrer Lebenssituation passt und rechtssicher gestaltet wird.
Ein Testament oder Erbvertrag bringt Klarheit. Er verhindert, dass die gesetzliche Erbfolge eintritt, die nicht immer den persönlichen Vorstellungen entspricht. Gerade in Patchworkfamilien, bei Unternehmensvermögen oder besonderen Lebensumständen ist eine individuelle Regelung fast unverzichtbar. Ohne sie drohen Streitigkeiten zwischen den Hinterbliebenen, langwierige Verfahren und wirtschaftliche Unsicherheit.
Einzeltestament
Das Einzeltestament ist die häufigste Form der Nachlassregelung. Es wird allein vom Erblasser errichtet und kann jederzeit widerrufen oder geändert werden. Die Testierfreiheit ist hier besonders groß. Sie können bestimmen, wer Erbe wird, ob Vermächtnisse angeordnet werden oder ob einzelne Erben Auflagen erfüllen müssen.
Ein Einzeltestament kann handschriftlich errichtet werden, muss aber die strengen Formvorschriften erfüllen:
- eigenhändige Niederschrift,
- Unterschrift und
- klare Erkennbarkeit, dass es sich um eine letztwillige Verfügung handelt.
Schon kleine Formfehler können die Wirksamkeit in Frage stellen. Deshalb empfiehlt es sich, den Entwurf vorab rechtlich prüfen zu lassen, um späteren Anfechtungen vorzubeugen.
Ehegattentestament / Berliner Testament
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner nutzen häufig das sogenannte Berliner Testament. Darin setzen sie sich gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen, dass nach dem Tod des Längerlebenden die Kinder erben. Für die Familie ist dies eine naheliegende und scheinbar einfache Lösung.
Allerdings birgt das Berliner Testament rechtliche und steuerliche Risiken, weshalb mitunter auch alternative Lösungen gewählt werden sollten, insbesondere wenn größere Vermögen vererbt werden. Kinder haben trotz Enterbung einen Pflichtteilsanspruch bereits nach dem ersten Erbfall. Sie können diesen geltend machen und damit die Liquidität des überlebenden Ehegatten belasten. Um dies abzufedern, enthält ein Berliner Testament oft sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln. Auch Wiederverheiratungsklauseln können sinnvoll sein, um zu verhindern, dass das Vermögen in eine neue Ehe „abfließt“.
Ein weiterer Punkt ist die Bindungswirkung: Nach dem Tod des Erstversterbenden ist der Überlebende in seinen Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt. Änderungen sind dann nur noch in engen Grenzen möglich, es sei denn, das Testament enthält einen ausdrücklichen Änderungsvorbehalt. Diese Folgen müssen vor Errichtung bedacht und offen angesprochen werden.
Erbvertrag
Der Erbvertrag unterscheidet sich vom Testament durch seine Bindungswirkung. Er wird zwischen mindestens zwei Personen geschlossen und bedarf zwingend der notariellen Beurkundung. Besonders wichtig ist er in Situationen, in denen die Nachfolge fest und verlässlich geregelt werden soll, etwa bei einer Unternehmensnachfolge oder wenn Kinder gegen Pflegeleistungen oder andere Verpflichtungen bedacht werden.
Ein Erbvertrag bietet Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Er schränkt aber auch die Freiheit der Vertragsparteien ein, da Änderungen nur gemeinsam erfolgen können. Wer sich für einen Erbvertrag entscheidet, sollte deshalb genau wissen, welche Folgen die Bindung für die Zukunft hat.
Besondere Konstellationen
In vielen Familien reichen die Standardlösungen nicht aus. Es gibt Konstellationen, die eine spezielle Gestaltung erfordern:
- Patchwork-Testament: Wenn Kinder aus verschiedenen Beziehungen berücksichtigt werden müssen, ist besondere Sorgfalt nötig. Nur so lässt sich verhindern, dass einzelne Kinder benachteiligt werden oder Pflichtteilsstreitigkeiten entstehen.
- Behindertentestament: Eltern eines behinderten Kindes stehen vor der Herausforderung, dieses abzusichern, ohne dass das Sozialamt unmittelbar auf das Erbe zugreifen kann. Hier helfen spezielle Anordnungen wie Vor- und Nacherbschaft oder die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers.
- Testament nach Trennung oder Scheidung: Häufig bestehen noch ältere Verfügungen, die nach einer Trennung nicht mehr gewollt sind. Ein neues Testament oder ein Widerruf ist dann dringend angeraten, um unerwünschte Rechtsfolgen zu vermeiden.
Fazit
Die Entscheidung für ein Testament oder einen Erbvertrag sollte nicht vorschnell getroffen werden. Beide Formen haben ihre Berechtigung, beide erfordern aber eine sorgfältige Gestaltung. Ich berate Sie zu den rechtlichen Möglichkeiten, erarbeite mit Ihnen ein Konzept für Ihren Nachlass und entwerfe eine Regelung, die Ihren Wünschen entspricht und auch steuerliche Aspekte berücksichtigt.
Nur so ist gewährleistet, dass Ihr letzter Wille tatsächlich umgesetzt wird und Ihre Angehörigen nach Ihrem Tod klare und verlässliche Strukturen vorfinden.
