Der Erbe tritt mit dem Tod des Erblassers komplett in dessen Rechtsstellung ein. Das bedeutet, er erbt nicht nur das Vermögen, sondern auch die Schulden.
Wenn der Erbe von vornherein weiß, dass der Nachlass überschuldet ist, kann er das Erbe ausschlagen.
Formale Anforderungen an eine Erbausschlagung
Eine Erbausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht. Das Nachlassgericht ist das Amtsgericht. Zuständig für die Entgegennahme Ihrer Ausschlagungserklärung ist aber nicht jedes Amtsgericht, sondern nur das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder auch das Amtsgericht, in dessen Bezirk Sie als Ausschlagende/r Ihren Wohnsitz haben. Das für Ihren Erbfall zuständige Amtsgericht, finden Sie in dieser Liste der deutschen Amtsgerichte.
Vorsicht!
Es reicht nicht aus, wenn man selbst an das Nachlassgericht schreibt. Die Ausschlagung muss entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts erklärt werden. Hierzu muss man sich persönlich zum Nachlassgericht begeben. Alternativ kann man die Erklärung auch in öffentlich beglaubigter Form zum Nachlassgericht schicken. Diese öffentliche Beglaubigung erfolgt beim Notar.
Achtung!
Für die Ausschlagung hat man nur sechs Wochen Zeit. Die Erklärung muss innerhalb dieser Frist beim Nachlassgericht eingehen, man sollte also nicht erst am letzten Tag der Frist zum Notar gehen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe vom Anfall der Erbschaft Kenntnis hat. Ist jemand aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erbe, hat er diese Kenntnis, sobald er vom Tod des Erblassers weiß. Ist jemand aufgrund eines Testamentes Erbe, muss er zusätzlich noch Kenntnis vom Testament erlangen.
Erbfälle mit Auslandsberührung
Kommt ausländisches Recht zur Anwendung, dann entscheidet auch das zur Anwendung kommende ausländische Recht darüber, ob eine Ausschlagung möglich ist, gegenüber wem und in welcher Form sie zu erklären ist.
Gilt deutsches Recht, Erblasser oder Erbe leben aber im Ausland, gelten Sonderregeln. Die Ausschlagungsfrist verlängert sich auf sechs Monate, wenn entweder der Erblasser selbst seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder der Erbe sich bei der Beginn der Frist im Ausland aufhält. Zuständig ist dann das Nachlassgericht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers in Deutschland und wenn es diesen nie gab, das Amtsgericht Schöneberg in Berlin. Dies gilt aber nur, wenn sich der Erbfall trotz des Auslandswohnsitzes des Erblassers nach deutschem Recht richtet, weil dieser zum Beispiel in einem Testament das deutsche Recht gewählt hat.
Der bei Kenntnis vom Erbfall im Ausland lebende Erbe eines inländischen Erblassers kann die Ausschlagung im Ausland bei der für ihn zuständigen deutschen Auslandsvertretung beglaubigen lassen. Empfänger der beglaubigten Ausschlagungserklärung bleibt aber das zuständige Nachlassgericht in Deutschland. Der im Ausland lebende Erbe muss sich selbst darum kümmern, dass seine beglaubigte Ausschlagungserklärung rechtzeitig innerhalb der sechsmonatigen Frist beim zuständigen Nachlassgericht eingeht. Die Auslandsvertretung beglaubigt nur, kümmert sich aber nicht um die Weiterleitung.
Ausschlagung für minderjährige Kinder
Minderjährige Kinder können nicht selbst ausschlagen, sondern werden dabei durch ihre sorgeberechtigten Eltern vertreten. Hierbei ist besondere Sorgfalt und Eile geboten.
Wenn beide Eltern sorgeberechtigt sind, müssen auch beide die Ausschlagung für ihr Kind in notariell beglaubigter Form oder persönlich zu Protokoll der Geschäftsstelle beim zuständigen Nachlassgericht erklären. Bei getrennt lebenden Eltern kann das in der Praxis schon mal problematisch sein.
Die Ausschlagungserklärung muss zusätzlich durch das Familiengericht genehmigt werden. Die Genehmigung wird in der Regel nicht innerhalb von sechs Wochen, also nicht innerhalb der Ausschlagungsfrist erteilt. Ab Eingang des Genehmigungsantrages beim zuständigen Familiengericht, ist der Ablauf der Ausschlagungsfrist allerdings gehemmt. Wichtig ist nur, dass der Antrag auf Genehmigung vor Ablauf der sechswöchigen Ausschlagungsfrist beim Familiengericht gestellt wurde. Nach Erteilung der Genehmigung läuft die Frist aber weiter und die Eltern des minderjährigen Kindes müssen dann schnell noch innerhalb der verbleibenden Ausschlagungsfrist die Genehmigung an das Nachlassgericht weiterleiten.
Das bedeutet, sorgeberechtigte Eltern müssen unverzüglich
- die Ausschlagung erklären,
- zeitgleich die Genehmigung beim Familiengericht beantragen und
- nach Erhalt der Genehmigung diese wieder unverzüglich an das Nachlassgericht weiterleiten.
Die Genehmigung durch das Familiengericht ist entbehrlich, wenn das minderjährige Kind nur aufgrund vorangegangener Ausschlagung des sorgeberechtigten Elternteils Erbe wird.
Beispiel: Der verwitwete Großvater stirbt und wird allein von seiner Tochter gesetzlich beerbt. Diese schlägt aus, nun wäre ihr Sohn, der minderjährige Enkel, gesetzlicher Erbe. Wenn die Tochter jetzt für ihren Sohn, den Enkel, gemeinsam mit dem sorgeberechtigten Kindesvater, die Ausschlagung erklärt, muss keine familiengerichtliche Genehmigung eingeholt werden. Anders ist es, wenn der Großvater seinen minderjährigen Enkel im Testament als Erben eingesetzt hat. Der Enkel wird dann gleich aufgrund des Testaments und nicht erst nach vorheriger Ausschlagung durch seine Mutter Erbe. Hier müssen die Eltern für die Ausschlagung die Genehmigung des Familiengerichts einholen.
Ausschlagung des Erbes durch Betreuer, Vormund oder Bevollmächtigte
Für eine geschäftsunfähige Person kann die Ausschlagung durch den Betreuer erklärt werden. Dieser muss aber mindestens mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge betraut sein und er benötigt ebenfalls die Genehmigung des Betreuungsgerichts, die rechtzeitig innerhalb der Ausschlagungsfrist beantragt werden muss. Dasselbe gilt für den Vormund.
Die Ausschlagung einer Erbschaft kann auch durch einen Bevollmächtigten, allerdings nur aufgrund einer öffentlich beglaubigten Vollmacht, z.B. einer Vorsorgevollmacht, erklärt werden. Der Bevollmächtigte muss für seine Ausschlagungserklärung keine gerichtliche Genehmigung einholen.
Anfechtung
Oft stellt sich aber erst nach Ablauf der sechs Wochen heraus, dass der Nachlass überschuldet ist. Das Erbe ausschlagen kann man dann nicht mehr.
In einem solchen Fall besteht noch die Möglichkeit, die Annahme der Erbschaft wegen der Überschuldung anzufechten. Dies geschieht ebenfalls durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht. Es gelten die gleichen Formvorschriften wie für die Ausschlagung. Auch die Anfechtung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Kenntnis von der Überschuldung erfolgen.
Die Fristen für eine Ausschlagung oder Anfechtung sind jeweils sehr kurz. Sobald bei der Sichtung des Nachlasses die ersten unvorhergesehenen Schulden auftauchen, sollte man also sofort sorgfältig prüfen, ob die Erbmasse noch ausreicht, um alle Schulden zu bezahlen.