Auch wenn jede Scheidung mit Kosten und Aufwand verbunden ist, gibt es erhebliche Unterschiede. Ehegatten haben in Deutschland die Wahl unter mehreren Gestaltungsmöglichkeiten, ein langwieriges und teures Gerichtsverfahren mit zwei Anwälten ist nicht zwingend notwendig. Sofern sich die Ehepartner über alle wesentlichen Punkte einig werden, können sie eine einvernehmliche Scheidung durchführen. Gegenüber einer streitigen Scheidung ersparen sie sich damit viel Zeit und Geld. Doch die Anwaltskosten sind nur einer von vielen Aspekten, die man bei einer Scheidung beachten sollte. Selbst wenn die Ehepartner sich im Wesentlichen einig sind, muss eine einvernehmliche Scheidung nicht die beste Lösung sein.
Was ist eine einvernehmliche Scheidung?
Die einvernehmliche Scheidung setzt zunächst voraus, dass beide Ehepartner geschieden werden möchten. Das Gericht muss die Ehe als gescheitert ansehen. Dies wird nach § 1566 BGB unwiderleglich vermutet, wenn die Ehepartner seit mindestens einem Jahr getrennt von Tisch und Bett leben und beide die Scheidung wünschen. Das Trennungsjahr muss also grundsätzlich eingehalten werden. Darüber hinaus müssen sich die Ehegatten über die Scheidungsfolgesachen einig sein, das sind Unterhalt, Sorgerecht und Umgangsrecht bezüglich der Kinder, Zugewinn, Ehewohnung und Hausrat. Wenn keine Streitigkeiten über Folgesachen bestehen, können sie im gerichtlichen Verfahren allein den Scheidungsantrag stellen. Dann entscheidet das Gericht ausschließlich über die Scheidung und den Versorgungsausgleich. Das Verfahren fällt deutlich kürzer aus, als wenn gleichzeitig über Folgesachen verhandelt wird, die zum Teil aufwendige Beweiserhebungen erfordern.
Im Scheidungsverfahren herrscht Anwaltszwang, im Falle der Einvernehmlichkeit reicht es jedoch aus, wenn nur ein Ehegatte sich anwaltlich vertreten lässt. Ein Rechtsanwalt darf wegen eines drohenden Interessenkonflikts nicht beide Ehegatten beraten und vertreten. Der Scheidungsantrag muss aber von einem Rechtsanwalt gestellt werden. Also stellt der Anwalt für seinen Mandanten im Termin den Antrag und der andere Ehegatte stimmt diesem zu. Es ist grundsätzlich nicht erforderlich, dass die Eheleute ihre Vereinbarungen über die Scheidungsfolgesachen in einer bestimmten Form festlegen. Sie dürfen nur im gerichtlichen Verfahren keine weiteren Anträge als den Scheidungsantrag stellen.
Für bestimmte Vereinbarungen schreibt das Gesetz jedoch die Form der notariellen Beurkundung vor, sofern die Einigung vor Rechtskraft der Scheidung getroffen wird. Dies gilt für den Zugewinn, den Versorgungsausgleich, eine Grundstücksübertragung sowie nachehelichen Ehegattenunterhalt. Für die Parteien empfiehlt es sich trotzdem, alle ihre Absprachen über Scheidungsfolgen in einem notariellen Vertrag festzulegen, bevor einer von ihnen den Scheidungsantrag stellt. Sonst kann es im laufenden Verfahren doch zu Streitigkeiten kommen, und die Ehegatten müssen dann in das streitige Verfahren übergehen. Möglich ist anstelle einer notariell beurkundeten Scheidungsfolgenvereinbarung auch eine Einigung, die im Scheidungstermin vor Gericht protokolliert wird. Dann aber wird ein zweiter Anwalt im gerichtlichen Verfahren erforderlich.
Vorteile: Kosten- und Zeitersparnis
Gerade wenn die Eheleute Kinder haben, kann eine gütliche Einigung sich nur positiv auf ihre weitere gemeinsame Elternschaft auswirken. Aber auch sich selbst zuliebe sollten sie in dieser emotional angespannten Situation zusätzliche Komplikationen vermeiden. Ein besonderer Vorteil der einvernehmlichen Scheidung besteht zudem in der Kostenersparnis, weil nur die Gebühren für einen Anwalt anfallen. Der Anwalt hat seinen Honoraranspruch ausschließlich gegen seinen Mandanten, also einen der (Noch-)Ehepartner. Die Parteien können sich aber intern auf die Teilung der Anwaltskosten einigen. Dabei haben sie die freie Wahl: Sie können die Anwaltskosten hälftig teilen oder auch entscheiden, dass der Einkommenstärkere von beiden einen höheren Anteil zahlt. Es empfiehlt sich immer, auch die Kostenteilungsvereinbarung in die Scheidungsfolgenvereinbarung aufzunehmen.
Weiterhin fallen die Gerichts- und Anwaltskosten geringer aus, wenn nur über die Scheidung und gegebenenfalls den Versorgungsausgleich verhandelt wird. Denn jede einzelne Scheidungsfolge, die anhängig gemacht wird, erhöht den Verfahrenswert. Streiten die Eheleute also im Scheidungsverfahren auch um Sorgerecht oder Zugewinn, müssen sie mit höheren Kosten rechnen. Schließlich können die Partner erheblich schneller geschieden werden als im strittigen Verfahren und müssen im Regelfall nur zu einem einzigen Gerichtstermin erscheinen. Während eine einvernehmliche Scheidung in Deutschland derzeit in etwa vier bis sechs Monaten erledigt ist, kann sich eine strittige Scheidung über mehrere Jahre hinziehen.
Allerdings hat das zeitsparende Scheidungsmodell auch einen Nachteil: Der nicht anwaltlich vertretene Ehegatte fühlt sich häufig übergangen. Er hat den Eindruck, der andere entscheide allein und er selbst müsse alles „schlucken“. Wer jedoch die strittigen Punkte in einer Scheidungsfolgenvereinbarung beim Notar aushandelt, kann auch dabei sicherstellen, dass er seine Rechte ausreichend wahrnimmt. Bei Bedarf kann er einen spezialisierten Anwalt für Familienrecht hinzuziehen, der sich für seine Interessen einsetzt.
Ablauf einer streitigen Scheidung
Wenn ein Ehegatte nicht geschieden werden möchte oder Uneinigkeit über eine oder mehrere Scheidungsfolgen besteht, kommt es zu einer streitigen Scheidung. Möchte ein Partner unbedingt an der Ehe festhalten, muss auch die Tatsache des einjährigen Getrenntlebens dem Gericht bewiesen werden. Steht fest, dass das Trennungsjahr abgelaufen ist, wird in der Regel vermutet, dass die Ehe zerrüttet ist und die Scheidung wird auch gegen den Willen eines Ehegatten, der an der Ehe festhalten will, geschieden. Nur extrem selten gelingt der Nachweis, dass die Ehe trotz einjähriger Trennung nicht zerrüttet ist, der andere Partner muss dann drei Jahre warten (vgl. 1566 II BGB). Jeder Ehegatte muss sich bei einer strittigen Scheidung von einem eigenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
Sodann müssen die Scheidungsfolgen in einem gerichtlichen Verfahren verhandelt werden, was entweder im Verbund mit der Scheidung oder jeweils abgetrennt in einzelnen Prozessen geschehen kann. Das Verbundverfahren ist grundsätzlich kostengünstiger, da hier für die Streitwerte für die Scheidung und Scheidungsfolgen addiert werden und die Anwalts- und Gerichtsgebühren nicht linear steigen. Nach dem Streitwert des gesamten Verfahrens richten sich sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten.
Wann ist eine Abtrennung sinnvoll?
Manchmal ist es dennoch ratsam, nicht alle Folgesachen im Verbund zu verhandeln, sondern einzelne abzutrennen oder erst nach der Scheidung isoliert zu beantragen. Ein Nachteil des Verbundverfahrens ist, dass es die Scheidung verzögert. Denn das Gericht kann nur über alle Anträge gleichzeitig entscheiden. Sofern Uneinigkeit über nur eine Folgesache besteht, müssen die Eheleute auf die Scheidung warten, bis auch die Folgesache entscheidungsreif ist. Häufig müssen dafür Gutachten eingeholt werden, etwa um die Werte einzelner Vermögensgegenstände zu ermitteln. Bis zur Rechtskraft der Scheidung besteht aber möglicherweise Anspruch auf Trennungsunterhalt. Derjenige, der Trennungsunterhalt zahlen muss, sollte die schnellste Möglichkeit wählen, selbst wenn dafür etwas höhere Anwalts- und Notarkosten anfallen sollten.
Auch im Hinblick auf den Zugewinnausgleich kann sich eine zügige Scheidung auszahlen. Denn der Ausgleichsbetrag wird mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinst, allerdings erst ab dem Tag der Rechtskraft der Scheidung. Bei höheren Summen lohnt es sich, den Zugewinnausgleich nicht im Verbund zu verhandeln, sondern erst nach der rechtskräftigen Scheidung gesondert zu beantragen. Schließlich gibt es auch eilige Probleme, die eine schnelle Entscheidung erfordern, etwa beim Sorge- und Umgangsrecht. Es kann sich anbieten, hierzu gesonderte Verfahren einzuleiten.
Scheidungskosten reduzieren
Welche Variante im Einzelfall die kostengünstigste bzw. am günstigsten für eine der beiden Eheparteien ist, kann ein erfahrener Rechtsanwalt für Familienrecht am besten beurteilen. Es kommt stets darauf an, in welchen Lebensumständen, Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Ehegatten leben, ob Folgesachen geregelt werden müssen und welchen Wert diese haben. Kinderlose Paare ohne nennenswertes Vermögen müssen sich kaum Gedanken um ihre Scheidung und die Kosten machen. Sie können das gerichtliche Verfahren mit nur einem Anwalt durchführen und brauchen zumeist keine notarielle Vereinbarung. Wenn dagegen ein hoher Zugewinn vorhanden ist oder nacheheliche Unterhaltsansprüche im Raum stehen, sind Vereinbarungen nötig, und jeder Ehepartner sollte einen eigenen Rechtsbeistand beauftragen.
Eine streitige Scheidung fällt immer weitaus teurer aus als eine einvernehmliche, bei Einigkeit stehen den Parteien mehrere Möglichkeiten offen. Meistens liegen die Notarkosten für eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung niedriger als die Gerichts- und Anwaltskosten im Verbundverfahren. Dies kann selbst dann die günstigere Lösung sein, wenn sich der nicht vertretene Ehegatte bei der Erstellung der Scheidungsfolgenvereinbarung anwaltlich unterstützen lässt. Es kann sich aber auch empfehlen, die Vereinbarungen über Scheidungsfolgen von zwei Anwälten erstellen und gerichtlich protokollieren zu lassen.
Wenden Sie sich bei einer bevorstehenden Scheidung frühzeitig an einen Experten für Familienrecht. Dann können Sie das kostengünstigste Modell ermitteln und sich darauf verlassen, dass Ihre Interessen angemessen berücksichtigt werden.