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Der Zugewinnausgleich im Familien- und Erbrecht

In Deutschland haben Ehepaare die Wahl unter drei Güterständen, um ihre vermögensrechtlichen Beziehungen während der Ehe zu regeln: Sie können sich für die Gütertrennung, die Gütergemeinschaft oder die Zugewinngemeinschaft entscheiden. Treffen sie keine Vereinbarung, gilt der gesetzlich vorgesehene Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 I BGB). Der Güterstand wirkt sich nicht erst im Falle einer Scheidung oder beim Tod eines Ehepartners aus, sondern hat schon während der Ehe Konsequenzen. Deswegen sollten sich alle Ehepaare frühzeitig Gedanken über das Güterrecht machen.

Bedeutung während der Ehezeit

In der Zugewinngemeinschaft behält jeder Ehegatte bei der Heirat sein eigenes Vermögen und es wird auch während der Ehe nicht automatisch gemeinschaftliches Vermögen gebildet. Grundsätzlich darf jeder weiterhin frei über sein Vermögen verfügen (§ 1364 BGB). Eine Beschränkung gilt nach § 1365 BGB nur für Verfügungen über das Vermögen als Ganzes. Wenn ein Ehegatte sein gesamtes Vermögen veräußern möchte, wird diese Verfügung nur wirksam, wenn der andere Partner sie genehmigt. Als ganzes Vermögen gilt dabei bereits ein erheblicher Anteil von 85 bis 90 Prozent der Vermögensmasse. Ehegatten in der Zugewinngemeinschaft haften nicht automatisch für die Schulden des anderen. Nur ausnahmsweise darf der Gläubiger den anderen Ehepartner in Anspruch nehmen, sofern es angemessene Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs betrifft.

Auswirkungen der Zugewinngemeinschaft im Todesfall

Stirbt ein Ehegatte, erhält der andere ein Viertel des gesamten Nachlasses zusätzlich zu seinem gesetzlichen Erbteil als pauschalen Zugewinnausgleich (§ 1371 I BGB). Diese Regelung soll langwierige Streitereien um die Höhe des Zugewinns verhindern und den überlebenden Ehegatten in eine bessere Position gegenüber seinen Miterben versetzen. Der Vorteil für den Ehegatten stellt sich zugleich als Nachteil für die Kinder und gegebenenfalls Eltern des Verstorbenen dar, da deren Pflichtteilsansprüche entsprechend sinken. Falls der überlebende Ehegatte vom Verstorbenen enterbt wurde oder die Erbschaft ausschlägt, kann er den Ausgleich des tatsächlichen Zugewinns sowie seinen Pflichtteil verlangen.

Zugewinnausgleich bei Scheidung

Wenn sich die Eheleute scheiden lassen, wird auf Antrag eines Ehegatten der Zugewinnausgleich durchgeführt. Das in der Ehe hinzu erworbene Vermögen wird hälftig unter den Partnern aufgeteilt. So bekommt derjenige Ehegatte, der mehr Zeit in Hausarbeit und Kindererziehung statt in Berufstätigkeit investiert hat, einen angemessenen Gegenwert. Was Ehegatten erben oder geschenkt bekommen, fällt jedoch nicht in den Zugewinn. Denn die Ehepartner sollen jeweils nur an dem Vermögenszuwachs teilhaben, den sie während der Ehe erwirtschaftet haben. Entscheidende Daten für die Bilanz des Zugewinnausgleichs sind zwei Stichtage: der Tag der Hochzeit (Stichtag 1) und der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags (Stichtag 2). Der Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen zum Stichtag 2 das Anfangsvermögen zum Stichtag 1 übersteigt.

Berechnung: Endvermögen – Anfangsvermögen = Zugewinn

Danach kann der Zugewinn entweder 0 betragen, sodass keiner einen Anspruch hat, oder aber ein Ehegatte hat einen Ausgleichsanspruch gegen den anderen. Wechselseitige Ansprüche können nicht entstehen.

Anfangsvermögen

In die Bilanz gehören sämtliche Vermögensgegenstände, Forderungen und Verbindlichkeiten der beiden Ehegatten, es findet kein gesonderter Ausgleich für einzelne Gegenstände statt. Das Anfangsvermögen kann auch negativ ausfallen, denn nach § 1374 III BGB werden Verbindlichkeiten über den Betrag des Vermögenswertes hinaus abgezogen. Sodann muss das Anfangsvermögen indexiert werden, um den Kaufkraftverlust während der Ehedauer auszugleichen. Die Familiengerichte orientieren sich dafür am „Preisindex für die Lebensführung privater Haushalte“, den das Statistische Bundesamt regelmäßig veröffentlicht.

Berechnung: Anfangsvermögen x Preisindex zu Stichtag 2 : Preisindex bei Stichtag 1 = indexiertes Anfangsvermögen.

Die Vermögenswerte, die ein Ehepartner geerbt oder geschenkt bekommen hat, werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, auch wenn sie tatsächlich erst während der Ehezeit erworben wurden, und mit ihrem Indexwert zum Zeitpunkt des Erwerbs berücksichtigt. Um spätere Beweisprobleme zu vermeiden, die sich bei einer langen Ehedauer leicht ergeben können, sollten Eheleute schon vor der Heirat ihre Vermögenssituation dokumentieren.

Endvermögen

Das Endvermögen wird zum Tag der Zustellung des Scheidungsantrags bestimmt, also regelmäßig erst geraume Zeit nach der Trennung. Daher besteht die Gefahr der Manipulation des vermögenderen Ehegatten, der beispielsweise Geld verschwendet, Werte verschenkt oder zu billig verkauft, um den Zugewinn des Anderen zu reduzieren. Nach § 1375 II BGB wird bei einer illoyalen Vermögensminderung der Betrag dem Endvermögen hinzugerechnet, um den das Vermögen mutwillig verringert wurde. Zur Beweiserleichterung für den ausgleichsberechtigten Ehegatten findet ein Vergleich mit dem Vermögensstand im Zeitpunkt der Trennung statt. Ergibt sich zwischen Trennungstag und Tag der Zustellung des Scheidungsantrags ein Vermögensschwund, muss der Ausgleichsberechtigte darlegen und beweisen, dass er das Vermögen nicht verschwendet oder mit Benachteiligungsabsicht eingesetzt hat.gen hinzugerechnet, um den das Vermögen mutwillig verringert wurde. Zur Beweiserleichterung für den ausgleichsberechtigten Ehegatten findet ein Vergleich mit dem Vermögensstand im Zeitpunkt der Trennung statt. Ergibt sich zwischen Trennungstag und Tag der Zustellung des Scheidungsantrags ein Vermögensschwund, muss der Ausgleichsberechtigte darlegen und beweisen, dass er das Vermögen nicht verschwendet oder mit Benachteiligungsabsicht eingesetzt hat.

Berechnung des Endvermögens

Welche Vermögenswerte fallen in den Zugewinn?

Folgende Vermögenswerte werden unter anderem beim Zugewinnausgleich berücksichtigt:

  • Bankguthaben,
  • Wertpapiere,
  • Immobilien,
  • Unternehmen,
  • Bausparverträge,
  • Wertgegenstände und Luxusgüter,
  • kapitalbildende Lebensversicherungen,
  • Forderungen gegen Dritte
  • Ansprüche auf Steuererstattung, die bereits entstanden sind, auch wenn sie noch nicht beschieden wurden,
  • fällige Steuerschulden, ebenfalls unabhängig vom Bescheiddatum, und
  • Forderungen gegen den anderen Ehegatten, beispielsweise rückständiger Unterhalt
  • Darlehensverbindlichkeiten und andere Verbindlichkeiten mit dem Valutastand zum Stichtag

Die vorstehende Aufzählung ist nur beispielhaft und nicht vollständig. Nicht zum Zugewinn zählen Hausratsgegenstände und Rentenanwartschaften, letztere werden im Rahmen des Versorgungsausgleichs berücksichtigt. Bei Streitigkeiten über die Hausratsteilung gibt es auch ein gesondertes Verfahren. Auf den Zugewinnausgleichsbetrag fallen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an, allerdings frühestens ab dem Tag der Rechtskraft der Scheidung.

Durchsetzung bei der Scheidung

In der Regel weiß der anspruchsberechtigte Ehegatte nicht, wie hoch der Zugewinn und damit sein Ausgleichsanspruch ist. Deshalb hat er die Möglichkeit, den Zugewinnausgleich im Wege einer Stufenklage geltend zu machen. Auf der ersten Stufe kann der Berechtigte Auskunft über das Anfangs- und Endvermögen und auf Stufe 2 die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hierüber verlangen. Im Anschluss kann er auf Stufe 3 eine Leistungsklage auf Zahlung des Zugewinns erheben. Um eine mögliche illoyale Vermögensminderung nachzuweisen, besteht zusätzlich ein Anspruch auf Auskunft über das Trennungsvermögen.

Die Ehegatten können den Zugewinnausgleich entweder im Verbund mit dem Scheidungsverfahren ausurteilen lassen oder ein isoliertes Verfahren betreiben. Das Verbundverfahren hat den Vorteil, dass die Kosten zumeist geringer ausfallen. Andererseits kann es die Scheidung hinauszögern, da diese erst ausgesprochen wird, wenn alle Folgesachen entscheidungsreif sind und die Forderung wird während der Dauer des Verfahrens nicht verzinst. Bis zur Rechtskraft der Scheidung muss auch Trennungsunterhalt gezahlt werden. Langjährige Streitigkeiten im Scheidungsverbund zum Zugewinnausgleich verlängern im Einzelfall auch die Dauer der Unterhaltszahlung. Das ist bei einer isolierten Klage nach Rechtskraft der Scheidung anders, hier sind ab Einreichung der Klage Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszins zu zahlen. Bei einem hohen Zugewinn können die Zinsen erheblich ins Gewicht fallen. Welches Verfahren günstiger ist, hängt stets von der persönlichen und wirtschaftlichen Situation der Eheleute ab. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt innerhalb von drei Jahren, beginnend mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Scheidung rechtskräftig wurde. Um die Verjährung zu hemmen, muss der Ausgleichsberechtigte zumindest eine Stufenklage einreichen und in der Folge das Verfahren kontinuierlich weiter betreiben.

Vorzeitiger Zugewinnausgleich

In bestimmten Fällen kommt nach § 1385 BGB ein vorzeitiger Zugewinnausgleich, also schon vor Rechtskraft der Scheidung, in Betracht. Voraussetzung ist, dass

  • die Trennungszeit schon mindestens drei Jahre andauert oder
  • zu befürchten ist, dass der Ausgleichspflichtige illoyale Vermögensminderung in erheblichem Maße betreibt oder
  • ein Ehegatte über lange Zeit seine wirtschaftlichen Verpflichtungen aus der Ehe schuldhaft verletzt hat oder
  • ein Ehepartner sich hartnäckig weigert, Auskünfte über sein Vermögen zu erteilen.
Mann fordert Zugewinnausgleich

Zugewinn in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln

Sind sich die Ehegatten einig, können sie den Zugewinnausgleich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln und sich damit ein langes und kostenintensives Gerichtsverfahren ersparen. Die Vereinbarung muss vor der Rechtskraft der Scheidung entweder notariell beurkundet oder vor dem Familiengericht protokolliert werden. Welche Variante im Einzelfall kostengünstiger ausfällt, kann ein erfahrener Anwalt für Familienrecht entscheiden.

Ehevertrag zum Güterstand

Die Ehegatten können auch in einem Ehevertrag Anordnungen über ihren Güterstand treffen und den Zugewinnausgleich ganz oder teilweise ausschließen. Wenn sie einfach Gütertrennung vereinbaren, fallen auch die positiven und zumeist gewollten Rechtsfolgen der Zugewinngemeinschaft bei Beendigung der Ehe durch Tod weg, der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten sinkt und die Pflichtteilsquoten der Kinder steigen. Es ist daher in der Regel besser, nur die gesetzlichen Regelungen der Zugewinngemeinschaft für den Fall der Scheidung zu ändern / modifizieren (sogenannte modifizierte Zugewinngemeinschaft). Die Eheleute können sich auch darauf einigen, bestimmte Vermögenswerte, wie Unternehmen oder Immobilien, aus dem Anfangs- und Endvermögen herauszunehmen oder nur mit einem festgelegten Wert zu berücksichtigen. Denn wenn ein Partner bereits vor der Ehe eine Immobilie besitzt, könnten sonst Wertsteigerungen allein aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung am Immobilienmarkt oder die Wertsteigerung des Unternehmens einen Zugewinn und damit einen Ausgleichsanspruch auslösen.

Bei allen Vereinbarungen im Ehevertrag ist zu bedenken, dass diese nicht sittenwidrig oder durch die in der Ehe gelebten Verhältnisse unbillig sein dürfen, da das Familiengericht sie überprüfen und im Falle einer unangemessenen Benachteiligung des einen Partners anpassen kann.

Weitere Steuersparmodelle

Sowohl beim Erben als auch beim Schenken bieten sich spezielle Modelle an, mit denen der Begünstigte Steuern sparen kann. Paare können auch noch während der bestehenden Ehe einen Ehevertrag aufsetzen, durch den sie die Zugewinngemeinschaft beenden und den Ausgleichsbetrag sofort fällig werden lassen. So kann ein Ehegatte unter Umgehung der Schenkungssteuer Vermögen auf den anderen Partner übertragen.

Da die Änderung des Güterstandes mehrfach möglich ist, können vermögende Paare mit regelmäßig wechselnden Eheverträgen sogar noch mehr Schenkungsteuer sparen. Die sogenannte Güterstandsschaukel ermöglicht alle 10 Jahre eine steuerfreie Übertragung. Dabei wechseln die Partner von der Zugewinngemeinschaft zur Gütertrennung und anschließend wieder zurück. Dieses Modell bietet sich für sehr wohlhabende Ehegatten an, die mit dem Schenkungssteuerfreibetrag von 500.000 Euro nicht auskommen. Auch wenn ein Ehegatte ein so großes Vermögen hat, dass er dieses nicht steuerfrei an die Kinder vererben könnte, kann er durch die vorherige Übertragung auf den anderen Partner den Erbschaftssteuerfreibetrag für die Kinder zweifach nutzen.

Fazit

Der Zugewinnausgleich ist ein komplexes Themengebiet, das auch Juristen vor Herausforderungen stellt. Dabei können die finanziellen Folgen für die Beteiligten gravierend sein. Bevor Sie aus Unwissenheit Ansprüche verschenken oder eine Vereinbarung treffen, die Ihnen später eine ungeahnte Steuerlast aufbürdet, fragen Sie einen spezialisierten Anwalt für Familienrecht. Vor allem bei einer bevorstehenden Scheidung oder nach dem Tod des Ehegatten brauchen Sie einen Experten an Ihrer Seite. Aber Sie sollten nicht bis zum Ende der Ehe abwarten. Um alle Ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, lassen Sie sich am besten schon vor der Heirat juristisch beraten. Mit klaren Vereinbarungen von Anfang an sichern Sie sich optimal ab und profitieren von sämtlichen Konzepten, mit denen Sie steuergünstig schenken, erben und vererben können.

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