Der BGH hat mit seiner lang ersehnten Entscheidung vom 10.04.2024 – XII ZB 459/23 die gerichtliche Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen der im Wechselmodell betreuten Kinder deutlich vereinfacht. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass im Normalfall ein Kind im Haushalt eines Elternteils lebt und mit dem anderen Umgang hat (sogenanntes Residenzmodell). Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, kommt dann seiner Unterhaltspflicht durch seine Betreuungsleistung nach. Der andere Elternteil muss den vollen Barunterhalt, den das Kind benötigt, in Abhängigkeit von seinem eigenen Einkommen leisten. Im Regelfall sind trotzdem beide Elternteile gemeinsam sorgeberechtigt und vertreten das Kind gemeinsam. Beim Unterhalt funktioniert die gemeinsame Vertretung natürlich nicht. Kommt ein Elternteil seiner Unterhaltspflicht nicht oder nicht ausreichend nach, kann der betreuende Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, den Unterhalt für das Kind geltend machen und das Kind allein vertreten (§1629 Absatz 2 Satz 2 BGB).
Die bisherige Regelung
Beim Wechselmodell betreuen beide Elternteile das Kind. Jeder leistet deshalb den Unterhalt zu 50 % durch Betreuung und ist zu 50 % in Abhängigkeit von seinem eigenen Einkommen barunterhaltspflichtig. Wenn die Eltern gleich hohes Einkommen haben, ist es mit dem Unterhalt einfach. Keiner muss an den anderen zahlen, nur das Kindergeld ist hälftig zu teilen. Sehr häufig haben die Eltern aber ein unterschiedlich hohes Einkommen und der Elternteil mit dem höheren Einkommen muss dann noch einen Ausgleich zahlen. Aber wie kann dieser durchgesetzt werden? Da sich das Kind nicht in der Obhut nur eines Elternteils befindet, ist keiner berechtigt das Kind allein zu vertreten, so jedenfalls die bisherige Meinung.
Wenn Unterhalt verlangt werden sollte, musste deshalb zunächst durch das Gericht ein Ergänzungspfleger mit dem Aufgabenkreis Unterhalt bestellt werden. Dieser vertrat dann das Kind. Oder man beantragte bei Gericht, dem Elternteil mit den niedrigeren Einkünften die Befugnis zur Geltendmachung von Kindesunterhalt gemäß § 1628 BGB allein zu übertragen. Egal welche der beiden Varianten gewählt wurde, bevor der Unterhalt beim Wechselmodell eingeklagt werden konnte, musste man immer vorher erst ein vorgeschaltetes weiteres gerichtliches Verfahren durchlaufen. Das war zeitraubend, umständlich und mit weiteren Kosten verbunden.
Die neue Regelung für Unterhalt beim Wechselmodell
Mit seiner Entscheidung vom 10.04.2024 hat der BGH das Procedere für den Unterhalt beim Wechselmodell jetzt erheblich vereinfacht. Er hat klargestellt, dass bei unverheirateten, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern derjenige, gegen den sich ein Anspruch des Kindes richtet, von der Vertretung ausgeschlossen ist und der andere allein vertretungsberechtigt bleibt. Jeder der beiden Elternteile kann also den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den anderen Elternteil als gesetzlicher Vertretet des Kindes geltend machen und einklagen. Es muss weder ein Ergänzungspfleger bestellt werden noch ist eine Teilübertragung des Sorgerechts notwendig. An der bisherigen Berechnung bei einer 50 50 Regelung des Kindesunterhalts ändert sich dadurch aber nichts. Wenn beide Elternteile meinen, dass der jeweils andere Unterhalt zahlen muss, kann es dazu kommen, dass beide Elternteile als Vertreter des Kindes gegeneinander klagen. Das ist aber nach Auffassung des BGH hinzunehmen und es wird nur ein Elternteil erfolgreich sein können.