Arbeitsrecht

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Das Nachweisgesetz: Rechte und Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verständlich erklärt

Das Nachweisgesetz (NachwG) existiert bereits seit 1995, hat aber erst durch wichtige Änderungen im Jahr 2022 an praktischer Bedeutung gewonnen. Danach müssen Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle wesentlichen Eckdaten des Arbeitsverhältnisses in Textform übermitteln. Diese einseitige Informationspflicht dient der Aufklärung des Arbeitnehmers und der Rechtssicherheit. Wenn ein Arbeitgeber seine Pflichten nicht erfüllt, kann er sich prozessuale Nachteile und ein Bußgeld einhandeln. Lesen Sie in diesem Beitrag, wie Sie als Arbeitgeber alle gesetzlichen Vorgaben einhalten und welche Ansprüche Sie als Arbeitnehmer haben.

Hintergrund und Ziel des Nachweisgesetzes

Der Gesetzgeber hat das Nachweisgesetz durch die Novelle vom 01.08.2022 um mehrere Punkte ergänzt, um die EU-Richtlinie 2019/1152 (Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen) umzusetzen. Ziel dieser Richtlinie ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf einem flexiblen, immer stärker digitalisierten und globalen Arbeitsmarkt. Der Arbeitnehmer soll wenigstens einmal zu Beginn des Arbeitsverhältnisses alle wichtigen Vereinbarungen in speicherbarer Form erhalten. So soll er insbesondere über die Höhe des Arbeitsentgelts, die Anzahl der Urlaubstage und die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden informiert werden. Die Information hat keine konstitutive Wirkung, sie ersetzt also nicht den Arbeitsvertrag, der auch ohne den Nachweis gültig ist. Sie dient allein der Transparenz und der Beweiserleichterung.

Was regelt das Nachweisgesetz?

Der Arbeitgeber muss zu Beginn des Arbeitsverhältnisses die in § 2 I NachwG genannten Informationen auflisten und dem Arbeitnehmer übermitteln. Es ist nicht erforderlich, alle Angaben in einem Dokument zusammenzufassen. Erhält der Arbeitsvertrag bereits einige der geforderten Angaben, reicht es aus, nur die fehlenden Informationen in einem gesonderten Dokument niederzulegen. Während bis Ende 2024 die Schriftform zwingend vorgeschrieben war, genügt seit dem 01.01.2025 die Textform. Arbeitgeber dürfen heute grundsätzlich elektronische Kommunikationsmittel wie E-Mail oder SMS nutzen, sofern diese den Aussteller erkennen lassen, etwa anhand einer digitalen Signatur. Die Sendung muss außerdem eine Aufforderung zur Empfangsbestätigung enthalten, die tatsächliche Bestätigung des Empfangs ist aber nicht erforderlich.

Zu den notwendigen Informationen nach § 2 NachwG gehören:

  • die Namen und Adressen der Vertragsparteien,
  • das Datum des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
  • die absehbare Dauer oder das Ende bei befristeten Arbeitsverhältnissen,
  • die Dauer der Probezeit, sofern vereinbart,
  • der Arbeitsort oder der Hinweis auf wechselnde Arbeitsorte,
  • eine grobe Beschreibung der zu leistenden Tätigkeiten,
  • die Arbeitszeit, gegebenenfalls Schichtdienst, inklusive vereinbarter Ruhezeiten,
  • die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  • die genaue Höhe des Arbeitsentgelts mit Aufschlüsselung aller Zulagen, Prämien, Sonderzahlungen etc. sowie Vergütung von Überstunden,
  • der Hinweis auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungsangebote,
  • Kontaktinformationen des Trägers der betrieblichen Altersvorsorge (sofern zutreffend),
  • ein Hinweis auf das bei einer Kündigung einzuhaltende Verfahren, insbesondere Schriftformerfordernis,
  • die Kündigungsfrist und die Möglichkeit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage und
  • der Verweis auf alle geltenden Tarifverträge, Dienst- oder Betriebsvereinbarungen.

Fristen und Konsequenzen von Verstößen

Nach der früher geltenden Gesetzesfassung hatten Arbeitgeber vier Wochen Zeit, um dem Arbeitnehmer den Nachweis auszuhändigen. Seit der Neufassung im Jahr 2022 gelten kürzere Fristen. Die wichtigsten Angaben zum Arbeitsverhältnis – dazu zählen Namen und Anschriften, Arbeitszeit und Vergütung – müssen jetzt bereits am ersten Arbeitstag vorliegen. Für die folgenden Angaben hat der Arbeitgeber sieben Tage Zeit:

  • Beginn und gegebenenfalls Ende oder Befristung,
  • Dauer der Probezeit,
  • Arbeitsort und
  • Art der Tätigkeit.

Für alle übrigen erforderlichen Informationen gilt weiterhin die Vier-Wochen-Frist.

Übermittelt der Arbeitgeber die Pflichtangaben nicht vollständig und fristgerecht, droht ihm nach § 4 NachwG ein Bußgeld von 5 bis 2000 Euro. Nach herrschender Meinung gilt die Bußgeldandrohung nur für Neuverträge, die ab August 2022 geschlossen wurden. Bei Bestandsverträgen ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf Verlangen die nötigen Informationen zu übermitteln, ein Verstoß stellt aber keine Ordnungswidrigkeit dar.

Weiterhin können fehlende Pflichtangaben einen Schadenersatzanspruch auslösen und die Position des Arbeitgebers in einem späteren gerichtlichen Verfahren schwächen. Ein Schadenersatzanspruch kommt in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer durch einen unterlassenen Hinweis kausal ein Schaden entstanden ist, zum Beispiel weil er nicht auf die Klagefrist für die Kündigungsschutzklage hingewiesen wurde. Im Einzelfall können fehlende Angaben im Nachweis auch dazu führen, dass das Gericht über diese Tatsachen eine Beweislastumkehr zugunsten des Arbeitnehmers annimmt.

Digitlae Unterschrift nach dem Nachweisgesetz

Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer

Bei Neuverträgen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die Übermittlung des Nachweises, ohne dass er den Arbeitgeber dazu auffordern muss. Nur wenn der Arbeitsvertrag bereits vor dem 01.08.2022 bestand, ist eine Aufforderung nötig. Kommt der Arbeitgeber seinen Pflichten nicht nach und erstellt keinen vollständigen und fehlerfreien Nachweis, kann der Arbeitnehmer einen Antrag beim Arbeitsgericht auf Erteilung oder Berichtigung des Nachweises stellen. Die Frist für diesen Antrag verstreicht erst zum Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet. Allerdings muss der Arbeitnehmer ihn während des Arbeitsverhältnisses stellen, da nach der Beendigung kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehen dürfte.

Praktische Umsetzung für Arbeitgeber

Bei der Erstellung des Nachweises sollten Sie den Gesetzestext wie eine Checkliste durchgehen. Als Formulierungshilfe können Sie einen Mustertext nutzen, zum Beispiel diese Vorlage der Industrie- und Handelskammer.

Arbeitgeber in den meisten Branchen können den Nachweis in elektronischer Form übermitteln. Nur in den Branchen, die § 2a des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit auflistet, beispielsweise Gaststätten- und Baugewerbe, ist die Schriftform weiterhin einzuhalten.

Außerdem gelten nach wie vor besondere arbeitsrechtliche Formerfordernisse für befristete Arbeitsverhältnisse. Nach § 14 IV Teilzeit- und Befristungsgesetz sind Befristungen in Arbeitsverträgen nur in Schriftform gültig, müssen also auf Papier unterzeichnet werden. Die Schriftform kann nach § 126a BGB nur durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden, die den Vorgaben des Art. 26 elDAS-VO entspricht. Dies gilt auch, wenn in einem Arbeitsverhältnis, das durch die Agentur für Arbeit gefördert wird, eine auflösende Bedingung aufgenommen wird (§ 21 TzBfG).

Wenn für die Übermittlung des Nachweises die elektronische Form genügt, muss das Dokument dem Arbeitnehmer zugänglich gemacht werden, er muss es speichern und ausdrucken können und es muss eine Aufforderung zur Empfangsbestätigung enthalten. Möglich ist zum Beispiel, einen PDF-Anhang per E-Mail zu verschicken und die Nachricht mit einer digitalen Signatur zu versehen. Eine allgemeine Bekanntmachung an alle Arbeitnehmer ist nicht ausreichend. Auch besteht weiterhin die Pflicht, den Nachweis in Schriftform zu übergeben, wenn der Arbeitnehmer dies ausdrücklich verlangt.

Sonderfälle und häufige Fragen

Teilzeit- und Minijobverträge: Gilt das Nachweisgesetz auch hier?

Das Nachweisgesetz gilt seit dem 01.08.2022 für alle Arbeitsverhältnisse, auch für Teilzeitarbeit und Minijobs sowie Praktika.

Arbeitsverhältnisse ohne schriftlichen Vertrag: Was ist zu beachten?

Arbeitsverträge können in Deutschland auch mündlich wirksam geschlossen werden und bleiben weiterhin gültig. Bei Neueinstellungen muss der Arbeitgeber nun von sich aus die erforderlichen Angaben nach dem Nachweisgesetz übermitteln. Bei Verträgen, die schon vor dem 01.08.2022 bestanden, muss der Arbeitgeber nur auf Verlangen des Arbeitnehmers einen Nachweis erteilen.

Änderung der Arbeitsbedingungen: Ist auch hier ein Nachweis erforderlich?

Nach § 3 NachwG muss der Arbeitgeber Änderungen der in § 2 des Gesetzes geforderten Angaben dem Arbeitnehmer schriftlich mitteilen, und zwar spätestens an dem Tag, an dem die Änderung in Kraft tritt. Von der Informationspflicht ausgenommen sind Änderungen von gesetzlichen Vorschriften, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind, sowie von Tarifverträgen u.ä. Auch ist keine Information erforderlich, wenn die Änderung bereits Gegenstand eines Änderungsvertrages ist.

Fazit

Als Arbeitgeber müssen Sie Ihre internen Abläufe so organisieren, dass der Nachweis für jedes neue Arbeitsverhältnis unverzüglich und vollständig an den Arbeitnehmer übermittelt wird. Erstellen Sie dafür einen Mustertext und lassen Sie sich bei Bedarf von unseren Experten für Arbeitsrecht in Hennigsdorf unterstützen. Behalten Sie im Hinterkopf, dass Sie in bestimmten Fällen (z. B. Befristung) die Schriftform wahren oder eine qualifizierte elektronische Signatur verwenden müssen. Falls Sie als Arbeitnehmer trotz Aufforderung keinen vollständigen Nachweis von Ihrem Arbeitgeber erhalten, wenden Sie sich ebenfalls gern an uns. Wir beraten Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu allen Fragen rund um den Arbeitsvertrag und die gesetzlichen Pflichten nach dem Nachweisgesetz.

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