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Entgelt­­­trans­parenz­gesetz: Aus­wir­kungen auf die betrieb­liche Praxis

Was das Entgelt­trans­parenz­gesetz regelt und warum es HR, Geschäfts­leitung und Betriebs­rat betrifft

Das Entgelttransparenzgesetz ist kein neues Gesetz, aber eines, das in der Praxis oft für Unsicherheit sorgt. Seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2017 verfolgt der Gesetzgeber damit ein klares Ziel: Die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen – der sogenannte Gender Pay Gap – soll reduziert werden, indem Unternehmen gezwungen sind, ihre Entgeltstrukturen transparenter zu gestalten.

Doch was bedeutet das konkret für Personalabteilungen, Geschäftsleitungen oder Betriebsräte in mittelständischen und größeren Unternehmen? Wie lassen sich die Anforderungen des Entgelttransparenzgesetzes in der Praxis umsetzen und welche Herausforderungen ergeben sich?

Entgelttransparenzgesetz: Auswirkungen und Anwen­dungs­bereich auf einen Blick

Wer sich intensiver mit dem Gesetz beschäftigt, stößt schnell auf eine Reihe juristischer und organisatorischer Fragestellungen. Diese reichen von der Abwicklung des Auskunftsanspruchs nach § 10 EntgTranspG über die Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung betrieblicher Entgeltgleichheit nach § 11 EntgTranspG bis hin zur richtigen Kommunikation mit Mitarbeitenden und dem Betriebsrat. Klar ist, dass die Auswirkungen des Entgelttransparenzgesetzes vielfältig sind und sie nicht nur die Rechtsabteilung, sondern vor allem auch HR betreffen.

Wer ist betroffen? Schwel­len­werte und Anwen­dungs­grenzen in der Praxis

Dabei hängt die Anwendungspflicht zunächst von der Unternehmensgröße ab. Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten sind verpflichtet, individuelle Auskunftsansprüche zu ermöglichen. Dabei geht es um konkrete Auskünfte über das durchschnittliche Bruttoentgelt von Kolleginnen und Kollegen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, gestützt auf den Begriff der „gleichen oder gleichwertigen Arbeit“.

In der Praxis ist diese Abgrenzung nicht immer eindeutig. Umso wichtiger ist es, interne Prozesse zu definieren, wie Anfragen abgewickelt werden sollen.

Der Auskunftsanspruch nach dem Ent­gelt­trans­pa­renz­gesetz: praktische Umsetzung und Stolpersteine

Der Auskunftsanspruch steht im Zentrum der praktischen Anwendung des Entgelttransparenzgesetzes und stellt viele Unternehmen vor erhebliche organisatorische und rechtliche Herausforderungen. Zwei zentrale Normen regeln die Anforderungen an Arbeitgeber: § 10 und § 11 EntgTranspG.

§ 10 EntgTranspG – Indi­vidu­eller Aus­kunfts­an­spruch

Der Auskunftsanspruch ist rechtlich präzise geregelt, gleichzeitig aber auch ein sensibles Thema. Beschäftigte können ihre Anfrage auf Wunsch anonymisiert stellen. Häufig erfolgt dies über den Betriebsrat, der als Stellvertretung fungiert.

§ 10 EntgTranspG verpflichtet Arbeitgeber, auf Anfrage die durchschnittliche Vergütung (aufgeschlüsselt nach Grundentgelt und variablen Bestandteilen) von Beschäftigten in vergleichbarer Tätigkeit mitzuteilen und zu erläutern, welche Kriterien zur Entgeltfestsetzung herangezogen wurden.

In der Praxis stellt das viele HR-Abteilungen vor erhebliche Herausforderungen. Wo Vergütungssysteme historisch gewachsen sind und keine einheitlichen Bewertungsverfahren bestehen, ist die Vergleichbarkeit oft schwer herzustellen.

§ 11 EntgTranspG – Berichts­pflicht und Ent­gelt­prüfung

Besonders komplex wird es für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Hier greifen nicht nur die individuellen Auskunftspflichten, sondern zusätzlich auch die Pflichten zur systematischen Prüfung der Entgeltgleichheit.

§ 11 EntgTranspG verpflichtet Arbeitgeber, regelmäßig zu prüfen, ob ihre Vergütungssysteme diskriminierungsfrei ausgestaltet sind. Die Ergebnisse müssen in einem internen Bericht dokumentiert werden.

Auch wenn dieser Bericht nicht veröffentlicht werden muss, ist er rechtlich relevant, weil er im Streitfall als Nachweis dienen kann. Verstöße können nicht nur Imageschäden verursachen, sondern auch arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Übersicht: § 10 vs. § 11 EntgTranspG

Merkmal § 10 EntgTranspG
Individueller Auskunftsanspruch
§ 11 EntgTranspG
Berichtspflicht und Entgeltprüfung
Anwendungsschwelle Ab 200 Beschäftigten Ab 500 Beschäftigten
Gegenstand Individuelle Auskunft über Vergleichsentgelt (auf Antrag von Beschäftigten) Regelmäßige Prüfung der Entgeltgleichheit im Unternehmen (Pflicht der Unternehmensleitung)
Stellvertretung durch Betriebsrat möglich? Ja Nein
Inhalt der Verpflichtung Durchschnittliches Entgelt
Kriterien der Entgeltfestsetzung
Interner Bericht über diskriminierungsfreie Vergütung
Dokumentation Einzelfallbezogene schriftliche Auskunft Interner Bericht (nicht öffentlich)
Rechtsfolgen bei Verstoß Risiko arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen Reputations- und Haftungsrisiken

Sonderfall Kon­zern­struk­tur: Trans­pa­renz­lücken durch rechtliche Trennung

Ein häufig übersehener Punkt ist die Bedeutung von Konzernstrukturen. Das Entgelttransparenzgesetz knüpft nicht an Konzernverbünde, sondern an die jeweilige juristische Person an. Eine Tochtergesellschaft mit weniger als 200 Beschäftigten muss demnach keinen Auskunftsanspruch erfüllen, selbst wenn der Gesamtkonzern deutlich größer ist.

Das führt in der betrieblichen Praxis oft zu Irritationen: Warum gilt das Gesetz für die eine Gesellschaft, für die andere aber nicht? Und wie gehen Unternehmen mit der daraus resultierenden Intransparenz um?

Zwei unterschiedlich hohe Geldstapel: Entgelttransparenzgesetz für faire Entgeltung

Organisatorische Heraus­for­derungen für HR-Abtei­lungen

Neben diesen strukturellen Fragen stellen sich vor allem für HR Probleme in der praktischen Umsetzung. Viele Unternehmen verfügen nicht über ein IT-System, das Entgeltdaten standardisiert auswerten kann, insbesondere nicht in der geforderten Form. Auch die Abgrenzung von Tätigkeitsgruppen, die Bewertung gleichwertiger Arbeit und der Schutz personenbezogener Daten sind Stolpersteine.

Denn auch wenn das Entgelttransparenzgesetz Transparenz fördern will, muss datenschutzrechtlich verhindert werden, dass aus den Auskünften Rückschlüsse auf einzelne Gehälter gezogen werden können. Gerade in kleineren Vergleichsgruppen ist das schwer darzustellen.

„Fishing Expeditions“ und Miss­brauchs­gefahr – Wie Unter­nehmen sich ab­sichern können

Nicht zu unterschätzen sind auch die rechtlichen Unsicherheiten im Umgang mit dem Auskunftsanspruch. Was, wenn Beschäftigte diesen nutzen, um gezielt Gehaltsdaten von Kolleginnen oder Kollegen zu recherchieren, ohne ernsthaft diskriminiert zu sein?

Zwar sieht das Entgelttransparenzgesetz Schutzmechanismen gegen diese sogenannten „Fishing Expeditions“ vor, etwa durch die Mindestanzahl von sechs Vergleichspersonen. Doch in der betrieblichen Realität bleibt oft die Frage, wie mit solchen Anfragen umgegangen werden soll. Der Wunsch nach Transparenz kollidiert hier mit dem Bedürfnis nach Datenschutz, Vertraulichkeit und unternehmensinterner Fairness.

Rechtssichere Um­setzung: So ge­stal­ten Sie Prozesse rund um den Aus­kunfts­an­spruch effizient

Aus anwaltlicher Sicht empfehlen wir Unternehmen daher, dem Thema strategisch zu begegnen und zwar nicht erst dann, wenn der erste Auskunftsanspruch auf dem Tisch liegt. Es lohnt sich, frühzeitig standardisierte Verfahren zu entwickeln, bei denen die folgenden Fragen berücksichtigt werden:

  • Wer ist zuständig für die Bearbeitung?
  • Welche Fristen gelten?
  • Wie erfolgt die Bewertung der Vergleichstätigkeit?
  • Und wie werden Auskünfte so formuliert, dass sie rechtssicher und zugleich verständlich sind?

Schulung, Daten­schutz, Betriebs­rat: Worauf Unter­nehmen jetzt achten sollten

Gleichzeitig sollten Personalabteilungen gezielt geschult werden, denn der Auskunftsanspruch ist kein reines Juristenthema, er betrifft vielmehr die tägliche Arbeit im HR-Management. Die Sensibilität für rechtliche Feinheiten, aber auch die interne Kommunikation muss entsprechend geschärft werden.

Hier kann externe Beratung unterstützen, sowohl bei der Schulung als auch bei der Entwicklung praxistauglicher Formulare, Abläufe und interner Leitlinien.

Wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Gerade in größeren Unternehmen bietet es sich an, betriebliche Vereinbarungen zum Umgang mit dem Entgelttransparenzgesetz zu schließen. Das schafft Klarheit, Sicherheit und vermeidet Konflikte. Wenn klar geregelt ist, wie Anfragen gestellt und beantwortet werden, verringert sich das Risiko von unberechtigtem oder fehlerhaft bearbeitetem Auskunftsersuchen deutlich.

Die Aus­wir­kungen des Ent­gelt­trans­pa­renz­ge­setzes stra­tegisch angehen

Die Auswirkungen des Entgelttransparenzgesetzes auf die betriebliche Praxis sind erheblich, auch wenn die Umsetzung bislang in vielen Unternehmen zögerlich erfolgt. Mit Blick auf die kommende EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz (Equal Pay Directive) steigen die Anforderungen weiter. Diese sieht unter anderem automatisierte Berichtspflichten und Schwellenwerte für Unternehmen bereits ab 100 Mitarbeitenden vor.

Unternehmen tun gut daran, sich jetzt strukturell, technisch und rechtlich so aufzustellen, dass sie auf neue Anforderungen vorbereitet sind.

Unser Team bei SCHMITT | HÄNSLER berät Sie bei allen Fragen rund um das Entgelttransparenzgesetz, vom Auskunftsanspruch bis hin zur strategischen Neuausrichtung Ihrer Vergütungssysteme.

Sprechen Sie uns an! Wir unterstützen Sie mit praxistauglichen Lösungen, die rechtssicher sind und genau auf die Strukturen und Bedürfnisse Ihres Unternehmens zugeschnitten sind.

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