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Arbeitszeugnis: Rechte, Pflichten und Tipps vom Fachanwalt

Kaum ein Dokument ist für die berufliche Zukunft so entscheidend wie das Arbeitszeugnis. Egal, ob beim nächsten Bewerbungsgespräch oder im Rahmen interner Versetzungen: Arbeitgeber werfen einen genauen Blick auf Inhalt, Formulierungen und Bewertungen. Fehlt ein Zeugnis, wird dies oft als Nachteil gewertet. Umso wichtiger ist es, dass Ihr Zeugnis nicht nur vollständig, sondern auch fair und rechtlich einwandfrei formuliert ist.

In diesem Beitrag informieren wir Sie über Ihre Rechte als Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer, u.a. darüber

  • wann Sie ein Zeugnis verlangen können.
  • wie es formuliert sein muss und
  • was Sie tun können, wenn es zu Problemen kommt.

Habe ich als Arbeitnehmer Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Ja, als Arbeitnehmer haben Sie grundsätzlich einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Dieser ergibt sich aus § 109 der Gewerbeordnung (GewO) sowie aus § 630 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Beide Regelungen verpflichten den Arbeitgeber, bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis zu erteilen. Der Anspruch auf ein Zeugnis am Ende des Arbeitsverhältnisses gilt unabhängig von der Art der Kündigung. Das bedeutet, dass Ihnen ein Zeugnis zusteht, egal ob Sie selbst gekündigt haben oder von Ihrem Arbeitgeber gekündigt worden sind.

Einfaches oder qualifiziertes Zeugnis

Nach § 109 Abs. 1 GewO wird zwischen zwei Formen des Arbeitszeugnisses unterschieden:

  • Einfaches Arbeitszeugnis: Das einfache Zeugnis enthält lediglich Angaben zur Art der Tätigkeit und zur Dauer des Arbeitsverhältnisses. Es eignet sich vor allem für kürzere Beschäftigungen oder Aushilfsverhältnisse. Daher ist das einfache Zeugnis eher eine Art Arbeitsbescheinigung als ein tatsächliches Zeugnis im Sinne einer Leistungsbewertung.
  • Qualifiziertes Arbeitszeugnis: Auf Wunsch des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber ein qualifiziertes Zeugnis ausstellen (§ 109 Abs. 1 Satz 3 GewO). Dieses enthält zusätzlich eine Beurteilung der Leistung und des Verhaltens während der Beschäftigung. In der Praxis ist es die gebräuchlichere und für Bewerbungen relevantere Variante.

Achten Sie also darauf, dass Sie ein für Ihr berufliches Fortkommen förderliches Zeugnis erhalten.

Gibt es auch während eines laufenden Arbeitsverhältnisses einen Zeugnisanspruch?

Ja, allerdings gibt es hier keinen direkten gesetzlichen Anspruch. Ein Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht nach der Rechtsprechung jedoch immer dann, wenn Sie als Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse daran haben. In bestimmten Situationen können Sie daher ein Zwischenzeugnis verlangen, auch wenn das Arbeitsverhältnis noch besteht. Ein solcher Anspruch kann auch im Arbeitsvertrag oder in einem auf Ihr Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifvertrag geregelt sein.

Ein berechtigtes Interesse hierfür liegt zum Beispiel vor:

  • bei einem Vorgesetztenwechsel,
  • bei einer Versetzung oder Änderung der Tätigkeit,
  • bei einer Umstrukturierung des Betriebs,
  • vor einem geplanten internen oder externen Stellenwechsel,
  • für eine Weiterbildung (z.T. muss ein Zwischenzeugnis vorher vorgelegt werden),
  • bei einer längeren Abwesenheit (z.B. Elternzeit, Pflegezeit, Krankheit, Sabbatical),
  • bei der Betriebsübernahme durch einen neuen Arbeitgeber.

Ein berechtigtes Interesse kann auch vorliegen, wenn Ihre letzte Beurteilung lange zurückliegt. In diesen Fällen kann ein Zwischenzeugnis hilfreich sein, um Ihre bisherige Tätigkeit sauber zu dokumentieren und sich aussagekräftig neu zu bewerben.

Wenn Sie ein Zwischenzeugnis wünschen, sollten Sie dies mit Fingerspitzengefühl tun, da bei einem solchen Zeugnis auch immer das Thema Jobwechsel mitschwingen kann. Dies kann sich negativ auf das Verhältnis zu Vorgesetzten oder dem Arbeitgeber auswirken.

Form des Zwischenzeugnisses

Auch bei einem Zwischenzeugnis gibt es die einfache und die qualifizierte Form. Allerdings sollte immer die qualifizierte Form gewählt werden, da das Zeugnis sonst kaum Aussagekraft für den gewünschten Zweck hat.

Was ist ein wohlwollendes Arbeitszeugnis?

Beim Lesen von Arbeitszeugnissen stößt man häufig auf ungewöhnlich wohlklingende Formulierungen, die ohne Kenntnisse kaum zu deuten sind. Was schön klingt, kann etwas ganz anderes bedeuten. Beispiele sind: „Sie war stets bemüht, ihre Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erfüllen.““ oder „Sein Verhalten war insgesamt einwandfrei.“. Dabei handelt es sich um einen bestimmten Fachjargon für Arbeitszeugnisse.

Trotz dieser Fachsprache müssen Arbeitszeugnisse vor allem wohlwollend formuliert sein und dem beruflichen Fortkommen dienen. Das Zeugnis darf es dem Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich schwer machen, eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Grundsatz des beruflichen Fortkommens

Zentrales Prinzip im deutschen Arbeitsrecht ist der sogenannte Grundsatz des wohlwollenden Zeugnisses. Nach ständiger Rechtsprechung muss ein Arbeitszeugnis so formuliert sein, dass es dem Arbeitnehmer das berufliche Fortkommen nicht unnötig erschwert. Das bedeutet, dass Kritik weder offen noch versteckt so formuliert sein darf, dass sie den weiteren Karriereweg blockiert.

Gleichzeitig muss das Zeugnis wahrheitsgemäß und klar formuliert sein. Daraus ergibt sich ein gewisses Spannungsverhältnis: Einerseits darf der Arbeitgeber keine unrichtigen Angaben machen, andererseits darf er den Arbeitnehmer aber auch nicht in einer Weise kritisieren, die dessen berufliches Fortkommen behindert. In der Praxis führt dies zur Entwicklung einer eigenen kodierten Zeugnissprache, in der Kritik oft indirekt formuliert wird, was teilweise auch kritisch zu sehen ist.

Zeugnissprache

Die sogenannte Zeugnissprache hat sich über Jahrzehnte entwickelt und dient Arbeitgebern und Personalentscheidern dazu, Bewertungen wohlwollend, aber differenziert auszudrücken. So entsteht ein scheinbar positives Zeugnis, das bei genauerer Lektüre und Kenntnis der Zeugnissprache sehr wohl Kritik enthält.

Liest man beispielsweise sein Zeugnis und stößt auf eine Formulierung wie „Er/sie erledigte alle Aufgaben zur vollen Zufriedenheit“, könnte man meinen, dass dies eine gute bis sehr gute Leistung darstellt, denn immerhin drückt die „volle Zufriedenheit“ sprachlich gesehen eine hervorhebenswerte gute Leistung aus. Doch tatsächlich entspricht dies nur der Note „befriedigend”. Tritt das Wort „stets” hinzu, wird die Leistung deutlich aufgewertet. Wenn man „stets zur vollsten Zufriedenheit” liest, dann befindet man sich im Bereich der Note „sehr gut”.

Übersicht typischer Formulierungen und was sie bedeuten:

Typische Formulierung Bedeutung in Schulnoten
„stets zur vollsten Zufriedenheit“ sehr gute Leistung (Note 1)
„stets zur vollen Zufriedenheit“ gute Leistung (Note 2)
„zur vollen Zufriedenheit“ befriedigend (Note 3)
„im Großen und Ganzen zufriedenstellend“ ausreichend (Note 4)
„bemühte sich, den Anforderungen gerecht zu werden“ mangelhaft (Note 5)

Diese abgestuften Formulierungen sind zwar nicht rechtlich bindend, werden von Gerichten jedoch zunehmend als entscheidungsrelevant betrachtet, insbesondere dann, wenn ein Arbeitnehmer ein besseres Zeugnis einklagt.

Wahrheit vor Nettigkeit!

Auch wenn das Zeugnis wohlwollend formuliert sein muss, bedeutet das nicht, dass der Arbeitgeber lügen oder schlechte Leistungen schönfärben muss. Negative Aspekte wie häufige Unpünktlichkeit, Konflikte oder eine unterdurchschnittliche Arbeitsleistung dürfen grundsätzlich erwähnt werden, müssen aber sachlich und juristisch korrekt dargestellt sein. Es dürfen keine Formulierungen gewählt werden, die ironisch oder sarkastisch sind oder die Pünktlichkeit besonders hervorheben, um Personalentscheidungen das genaue Gegenteil zu suggerieren.

Darüber hinaus sind auch folgende Codes in Arbeitszeugnissen verboten:

  • versteckte Andeutungen, die für Eingeweihte negativ lesbar sind.
  • unzulässige Geheimcodes.
  • bewusste Leerstellen („Er war pünktlich“ – und sonst?).
Arbeitnehmer liest sein Arbeitszeugnis (KI generiertes Bild)

Was kann ich bei Problemen mit dem Arbeitszeugnis tun?

Es kommt nicht selten vor, dass ein Arbeitszeugnis gar nicht ausgestellt wird, unzureichend verfasst ist oder es zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Streitigkeiten hinsichtlich der Leistungsbeurteilung kommt. Für Arbeitnehmer ist das besonders ärgerlich, denn ein vollständiges und wohlwollendes Zeugnis ist oft entscheidend für den weiteren beruflichen Werdegang. Das Arbeitsrecht sieht allerdings klare Möglichkeiten vor, sich in solchen Fällen zu wehren und den eigenen Anspruch auf ein wohlwollendes Arbeitszeugnis durchzusetzen.

Wenn der Arbeitgeber überhaupt kein Zeugnis ausstellt

Trotz des gesetzlichen Anspruchs, kommt es in der Praxis leider häufig vor, dass Arbeitgeber das Zeugnis dennoch nicht oder nur auf Nachfrage erstellen. Die Gründe dafür sind vielschichtig und können in Zeitmangel, internen Kommunikationsproblemen oder auch einem bewussten Hinauszögern liegen.

In solchen Fällen können Sie entweder selbst oder durch einen Anwalt den Arbeitgeber anschreiben und die Ausstellung eines Zeugnisses verlangen. Dabei sollte immer eine angemessene Frist von gesetzt werden. Auch der gesetzliche Anspruch gemäß § 109 GewO und § 630 BGB sollte genannt werden und dass ein qualifiziertes Zeugnis ausgestellt werden soll, das neben Art und Dauer Ihrer Tätigkeit auch eine Bewertung der Leistungen und des Verhaltens des Arbeitnehmers enthält.

Wenn das Zeugnis inhaltlich unzutreffend oder abwertend ist

Nicht selten empfinden Arbeitnehmer ihr Zeugnis als ungerecht oder nicht nachvollziehbar, weil sie sich durch bestimmte Formulierungen falsch eingeschätzt fühlen. Hinzu kommt, dass manche Zeugnisse auf den ersten Blick positiv wirken, bei genauerer Betrachtung jedoch subtile Kritik enthalten, die für Personalverantwortliche eindeutig lesbar ist.

Solche Formulierungen können das berufliche Fortkommen erheblich behindern, etwa wenn ein „stets bemüht“ statt einer tatsächlichen Leistungsanerkennung steht oder wenn das Verhalten gegenüber Vorgesetzten auffällig ausgespart bleibt. Gerade diese indirekte Art der Kritik ist für Betroffene oft schwer zu greifen, aber in ihrer Wirkung umso problematischer.

In solchen Fällen sollten Sie das Zeugnis sorgfältig von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen. Sollte es inhaltlich nicht einwandfrei sein, sollten Sie eine Korrektur verlangen. Hierbei sollte der Arbeitgeber konkret auf die nicht einwandfreien Äußerungen hingewiesen werden. Die Änderungswünsche sollten schriftlich und sachlich begründet geäußert werden. Zwar haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein Wunschzeugnis, wohl aber auf ein faires und der Wahrheit entsprechendes Zeugnis.

Wenn das Zeugnis eine zu schlechte Bewertung enthält

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Arbeitszeugnis trotz guter Leistungen eine zu schlechte Leistungsbewertung enthält, sollten Sie es von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen. Dieser kann Ihnen nach einer Prüfung der Zeugnissprache und möglicher für den Arbeitnehmer nachteiliger, versteckter Formulierungen genau sagen, welcher Gesamtnote das Zeugnis in etwa entspricht.

Grundsätzlich ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein qualifiziertes Endzeugnis mit der Gesamtnote „befriedigend” haben. Für eine bessere Leistung trägt der Arbeitnehmer die Beweislast, eine schlechtere Bewertung muss der Arbeitgeber beweisen. Mögliche Beweise sind Protokolle von Mitarbeitergesprächen, Zielvereinbarungen, Zwischenzeugnisse oder Leistungsnachweise. Allerdings sind solche Nachweise häufig nicht ganz einfach zu erbringen.

Ähnlich wie bei inhaltlich unzutreffenden oder abwertenden Zeugnissen sollte der Arbeitgeber angeschrieben und um Korrektur der Leistungsbewertung gebeten werden. Auch im Fall zu schlechter Leistungsbewertungen sollten Arbeitnehmer in jedem Fall die Unterstützung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in Anspruch nehmen.

Wenn der Arbeitgeber nicht reagiert

Verweigert der Arbeitgeber das Zeugnis oder lehnt er Korrekturen ab, bleibt als letztes Mittel die gerichtliche Geltendmachung. Die Arbeitsgerichte entscheiden regelmäßig über Zeugnisformulierungen und deren Zulässigkeit.

Hierbei sind folgende Punkte wichtig:

  • Der Zeugnisanspruch und der Zeugnisinhalt können eingeklagt werden, beispielsweise im Rahmen einer Kündigungsschutzklage, aber auch separat.
  • Es gibt keine feste Frist, das Zeugnis sollte jedoch möglichst zeitnah nach Vertragsende eingefordert werden. Zu langes Zögern kann als Verwirkung ausgelegt werden.
  • Die Beweislast liegt beim Arbeitnehmer, wenn er eine bessere Bewertung verlangt (z. B. von „zufriedenstellend” auf „gut”).

Verhandeln Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag, ist es sinnvoll, die Gesamtbewertung des Zeugnisses gleich mit dem Aufhebungsvertrag festzuschreiben. Ähnliches gilt bei Kündigungsschutzklagen, sollte es zu einem gerichtlichen Vergleich und somit zu einer einvernehmlichen Lösung kommen. Nach einer Kündigung können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch eine Abwicklungsvereinbarung treffen, um langwierige gerichtliche Kündigungsschutzprozesse zu vermeiden. In einer Abwicklungsvereinbarung, die die Folgen einer Kündigung regelt, sollte auch eine Regelung zum Zeugnis getroffen werden.

Fazit: Ihr Zeugnis – Ihr Recht

Ein Arbeitszeugnis ist weitaus mehr als nur ein Pflichtdokument. Es ist Ihre berufliche Visitenkarte und der Nachweis Ihrer Qualifikation und Leistung im Beruf. Daher ist es umso wichtiger, dass es vollständig, inhaltlich korrekt und wohlwollend formuliert ist. Ob es um die Anforderung eines Zwischenzeugnisses, die Durchsetzung eines qualifizierten Endzeugnisses oder die Korrektur fehlerhafter Formulierungen geht: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben klare Rechte, die sie kennen und im Zweifel aktiv einfordern sollten.

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihr Zeugnis den rechtlichen Anforderungen entspricht, wohlwollend formuliert ist, keine versteckten oder unzulässigen Formulierungen enthält, die Leistungsbewertung Ihrer tatsächlichen Leistung entspricht oder wenn es zu Problemen mit Ihrem Arbeitgeber kommt, stehen wir Ihnen als Fachanwälte für Arbeitsrecht, mit kompetenter Unterstützung zur Seite. Wir helfen Ihnen, Ihre Zeugnisansprüche durchzusetzen, außergerichtlich oder notfalls vor Gericht.

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