Als Berliner Testament wird ein gemeinschaftliches Testament von Eheleuten bezeichnet, in dem sich die Eheleute wechselseitig beim Tod des Erstversterbenden als Alleinerben und eventuell beim Tod des Längstlebenden die gemeinsamen Kinder als Schlusserben einsetzen. Nach dem Tod des ersten Ehegatten ist der längstlebende Ehegatte Alleinerbe und die Kinder sind enterbt. Die enterbten Kinder sind allerdings pflichtteilsberechtigt und können vom längstlebenden Elternteil die Zahlung eines Geldbetrages verlangen, der der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils entspricht. Eine Stundung der Pflichtteilsansprüche kann in solchen Fällen größere finanzielle Schwierigkeiten für den länger Lebenden abwenden.
Wenn die Eltern keinen Ehevertrag geschlossen haben, leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ohne Testament beträgt dann ½ und das Einzelkind oder die Kinder zusammen erben die andere Hälfte. Der Pflichtteilsanspruch des oder der Kinder beträgt insgesamt 1/4.
Der allein erbende Elternteil muss deshalb dem pflichtteilsberechtigten Kind auf sein Verlangen Auskunft über den Nachlass des verstorbenen Ehegatten erteilen. Von dem Wert, der sich dann nach Abzug von Schulden und Beerdigungskosten ergibt, können das oder die Kinder dann insgesamt ihr Viertel verlangen.
Besteht der Nachlass nicht aus Finanzanlagen, sondern z. B. aus Immobilien, wird der längstlebende Elternteil Schwierigkeiten haben, den Pflichtteil ohne Veräußerung der Immobilie zu zahlen.
Dazu ein Beispiel:
Den Eltern Meier gehört gemeinsam ein Einfamilienhaus, das 200.000 € wert ist. Sie haben ein Berliner Testament, in dem sie sich wechselseitig als Alleinerben und ihre beiden Kinder Sabine und Thomas als Schlusserben eingesetzt haben. Herr Meier verstirbt. Sein Guthaben auf dem Girokonto reicht gerade für die Beerdigungskosten. Die Hälfte des Hauses, also 100.000 €, gehören zum Nachlass. Beide Kinder verlangen den Pflichtteil. Die Mutter muss deshalb an Sabine und Thomas jeweils 12.500 €, insgesamt ¼, also 25.000 € zahlen. Um diesen Betrag aufzubringen, müsste sie das Haus verkaufen.
Nach § 2331 a BGB kann die Mutter nun Stundung der Forderung verlangen. Die Anordnung der Stundung der Pflichtteilsansprüche trifft auf Antrag das Gericht, das aber auch die Interessen der Kinder berücksichtigen muss und deshalb die Eintragung einer Hypothek am Grundstück in Höhe der Pflichtteilsforderung und die Verzinsung des Betrages anordnen wird.
Verkauft die Mutter später freiwillig das Grundstück, wird sie aus dem Kaufpreis erst die Hypotheken (hier insgesamt 25.000 € plus Zinsen) ablösen müssen.
Das Beispiel zeigt, dass die Nachlassvorsorge auch bei einem Berliner Testament Probleme nach sich ziehen kann. Daher sollten Sie sich eingehend bei der Gestaltung Ihres Testaments beraten lassen. Jeder Fall ist individuell und bedarf eventuell einer Ergänzung zum Berliner Testament oder einer Alternative zum Berliner Testament. Als erfahrene Fachanwältin für Erbrecht stehe ich Ihnen gerne bei allen Fragen rund um die Testamentsgestaltung zur Verfügung.