Als Berliner Testament wird ein gemeinschaftliches Testament von Eheleuten bezeichnet, in dem sich die Eheleute wechselseitig beim Tod des Erstversterbenden als Alleinerben und eventuell beim Tod des Längstlebenden die gemeinsamen Kinder als Schlusserben einsetzen.
Nach dem Tod des ersten Ehegatten ist der längstlebende Ehegatte Alleinerbe und die Kinder sind enterbt. Die enterbten Kinder können dann allerdings noch ihren sogenannten Pflichtteil verlangen. Das ist ein Geldbetrag, der der Hälfte des gesetzlichen Erbteils des enterbten Kindes entspricht.
Die meisten Eheleute haben die Erwartung, dass ihre Kinder erst zum Zuge kommen sollen, wenn sie beide verstorben sind. Dies kann aber nicht erzwungen werden. Die Eltern können ihren Kindern den Pflichtteil nicht entziehen, wenn sich diese nicht einer besonderen Verfehlung gegen die Eltern schuldig gemacht haben. Das ist in der Regel nicht der Fall.
Sind die Kinder freiwillig bereit, auf ihren Pflichtteil beim Tod des erstversterbenden Elternteils zu verzichten, muss ein solcher Verzicht, der noch zu Lebzeiten beider Eltern erklärt wird, notariell beurkundet werden. Ist der erste Elternteil verstorben, dann haben die Kinder drei Jahre ab Kenntnis vom Tod und dem Testament Zeit, ihren Pflichtteil zu verlangen und notfalls einzuklagen. Erst wenn die drei Jahre vorbei sind, kann der längstlebende Elternteil aufatmen, weil die Forderung verjährt ist.
Die Eltern können allerdings durch kluge Testamentsgestaltung versuchen, ihre Kinder zu motivieren, den Pflichtteil nicht zu verlangen. Das klappt besonders gut, wenn mehrere Kinder vorhanden sind. Hierzu sind eine Fülle sogenannter Pflichtteilsstrafklauseln entwickelt worden. Der Grundtenor dieser Klauseln ist, dass das „böse“ Kind, welches beim Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil verlangt, zum Schluss nicht mehr erben, sondern ebenfalls nur noch den Pflichtteil bekommen soll. Dazu ein Beispiel:
Die Eltern Meier haben gemeinsame Ersparnisse von rund 200.000 €. Sie haben ein Berliner Testament, in dem sie sich wechselseitig als Alleinerben und ihre beiden Kinder Sabine und Thomas als Schlusserben eingesetzt haben. Herr Meier verstirbt. Sein Nachlass beträgt also 100.000 €. Thomas verlangt seinen Pflichtteil. Die Mutter muss deshalb an ihn die Hälfe seines gesetzlichen Erbteils, also 1/8 von 100.000 € = 12.500 € zahlen. Als die Mutter verstirbt sind noch insgesamt 150.000 € vorhanden. Sabine wird nun wegen der Pflichtteilsstrafklausel Alleinerbin. Sie muss allerdings an ihren Bruder Thomas wiederum den Pflichtteil nach der Mutter zahlen, das sind ¼ von den noch vorhandenen 150.000 €, also 37.500 €. Unterm Strich hat in diesem Beispiel Thomas 50.000 € bekommen und Sabine 112.500 €. Die „brave“ Sabine wird für ihre Zurückhaltung belohnt.
Bei der Abfassung solcher Pflichtteilsstrafklauseln sollten Sie sich hinsichtlich der genauen Formulierung auf jeden Fall juristisch beraten lassen.